Gebe ich zu viel kostenlosen Content raus?
Jamie Oliver hat mir beigebracht, wie ich aus einem Geschirrhandtuch eine Salatschleuder mache.
Du packst den gewaschenen Salat einfach in ein Geschirrtuch und kreist das Tuch ein paar Runden mit den Armen. Durch die Fliehkräfte spritzt das überschüssige Wasser heraus (falls du’s ausprobierst, mach’s besser auf dem Balkon oder vor der Haustür).
Was hat Jamie hier gemacht? Er hat mir gezeigt, wie überflüssig eine richtige Salatschleuder in meinem Haushalt ist. Dabei verkauft er selbst welche. Richtige Anti-Werbung also.
Dafür denke ich jedes Mal, wenn ich diesen coolen Lifehack anwende, an ihn.
Als Personal Brand bleibt Jamie Oliver so langfristig in meinem Kopf. Nur kaufe ich eben seine Salatschleuder nicht. Ich bin mir sicher, dass er noch einige mehr solcher Tipps parat hat.
Ich kann dir nur raten: Mach’s wie Jamie.
Gehe großzügig mit deinem Wissen um. Gib kleine Tipps, die deine Community direkt ausprobieren kann. Impulse, die zum Nachdenken anregen. Sie wird dich dadurch garantiert in Erinnerung behalten.
Und doch kann es sich erstmal kontraintuitiv anfühlen, Tipps und Tricks for free rauszuhauen. Schließlich willst du deine Angebote verkaufen.
Warum du dich genau deswegen nicht zurückhalten solltest, erfährst du im Artikel.
Dazu inspiriert hat mich übrigens Valerie Wagner. Sie hat die Blogparade: Sharing ist Caring ins Leben gerufen. Dieser Text ist mein Beitrag dazu.
Durch kostenlosen Content machst du dich beliebt
Ich bin begeistert von meinem Postboten, dabei habe ich nach über 7 Jahren in dieser Wohnung und Nachbarschaft sicher keine 50 Worte mit ihm gewechselt. Aber weil ich sein freundliches Gesicht so oft sehe (selbst bei strömendem Regen schafft er es noch, zu lächeln), er mir zuverlässig meine Briefe bringt und mir auch auf offener Straße zuwinkt und meinen Namen kennt, genießt er mein volles Vertrauen!
Sein Trick? Er ist präsent und mir dadurch sympathisch geworden. In Fachsprache nennt sich das Mere-Exposure-Effekt. Den kannst du auch bewusst nutzen, um deine Personal Brand aufzubauen.
Der psychologische Hintergrund: Unser Gehirn liebt Altbewährtes. Alles, was es schon kennt, bewertet es per se als positiv und vertrauenswürdig. Je öfter deine Follower dich zu Gesicht bekommen, umso sympathischer bist du ihnen. Dazu steigt mit deiner Sichtbarkeit auch deine wahrgenommene Kompetenz. Menschen trauen dir zu, dass du ihre Probleme lösen kannst.
Je häufiger jemand in Berührung mit dir und deinen Inhalten kommt, umso positiver und professioneller ist der Eindruck, den du hinterlässt – einfach nur, weil du da bist.
Gratis-Content ist wie eine Probefahrt – mit dir am Steuer
Hast du schon mal ein Parfum gekauft, ohne vorher daran zu riechen? Oder ein Auto erstanden ohne Probefahrt? Bestimmt nicht. Im Alltag möchten wir Dinge sinnlich erfahren, bevor wir uns dafür entscheiden. In meinen Warenkorb kommt zum Beispiel kein Buch, von dem ich nicht mindestens eine kleine Leseprobe gesehen habe (ich hasse schlecht geschriebene Bücher).
Dienstleistungen sind viel schwerer greifbar zu machen als fertige Produkte. Als Coach, Berater*in oder Freelancer*in fühlt es sich manchmal an, als würden wir heiße Luft verkaufen. Das Angebot ist da, aber irgendwie auch wieder nicht. Damit hadere ich selbst auch, wie du in diesem LinkedIn-Post nachlesen kannst.
Durch deinen Content nimmt dein abstraktes Produkt langsam Form an – in den Köpfen deines Publikums. Deine Beiträge geben einen Vorgeschmack auf die Zusammenarbeit mit dir.
Du weckst positive Erwartungen und eigentlich noch viel mehr. Du leistest ein Versprechen.
Menschen bekommen ein Gefühl dafür, wer du bist, wie du tickst und ob ihr zusammenpasst. Die Richtigen feiern dich. Der Rest spürt ganz schnell: Das ist nicht meins und zieht weiter.
Dein Content arbeitet also für dich. Er zieht passende Kund*innen an und zeigt ihnen, was du zu bieten hast. Ohne Druck. Ohne dass du sie mit deinem Angebot überfällst wie bei der Kaltakquise.
Der Content der Anderen – Die Messlatte steigt
Laura Seiler setzt sich seit 2015 wöchentlich vors Mikro und hat bis heute über 400 Episoden ihres Podcasts happy, holy & confident® aufgenommen.
Godfather of Marketing Seth Godin postet jeden Tag einen kurzen Beitrag auf seinem Blog.
Bevor ich mir morgens meinen Earl Grey aufgieße, haben auch einige LinkedIn-Überflieger schon ihre tägliche Routine hinter sich und einen Post veröffentlicht.
Viele Content Creator sind wahnsinnig produktiv und diszipliniert bei der Sache. Dazu ist für mein Empfinden die Qualität der Beiträge in den letzten Jahren enorm gestiegen. Mit wackeligen Videos oder lahmen Texten brauchst du deinem Publikum nicht mehr zu kommen. Es hat sich an einen gewissen Mindeststandard gewöhnt – ich finde, das ist auch gut so!
Natürlich hat das Konsequenzen für dein eigenes Marketing. Es ist schwieriger als noch vor 5 Jahren, in diesem Grundrauschen als spannende*r Expert*in wahrgenommen zu werden. Noch schwieriger: Dich als erste Wahl auf deinem Gebiet zu etablieren und gebucht zu werden.
Bedeutet das jetzt, dass du noch mehr posten, noch öfter online sein, noch mehr Wissen teilen musst? Ich finde: Jein.
Zumindest brauchst du eine Antwort darauf, wie du als Dienstleister*in sichtbar wirst und bleibst. Es geht nicht darum, Rekorde zu brechen. Contentmachen ist kein großes Rennen, bei dem die Stärkste oder der Schnellste eine Goldmedaille gewinnt.
Dein Content muss auch nicht viral gehen. Es reicht, wenn er die richtigen Menschen berührt und begeistert. Das funktioniert aber nur, wenn du dir treu bleibst. Mach deinen Content auf deine Weise und in deinem Tempo, denn nur so hältst du durch und siehst auch Ergebnisse!
Mich macht Social Media zum Beispiel total kirre und unkonzentriert.
Deshalb liegt mein Fokus auf meinem Blog und Newsletter, in Kürze kommt noch ein eigener Podcast dazu – eins meiner absoluten Lieblingsformate.
Lange Texte, bei denen ich in die Tiefe gehen kann, liegen mir. Dabei halte ich mich inhaltlich nicht zurück, denn ich teile mein Wissen und meine Erfahrungen einfach super gerne. Das zahlt auch auf meine SEO-Strategie ein. Denn, je hilfreicher und ansprechender ein Blogpost, umso höher rankt er und mehr Menschen klicken sich auf meine Website.
Ein zu viel ist beim Bloggen quasi ausgeschlossen. Das Gleiche gilt für Social Media. Jeder Post macht dich sichtbarer und bringt deine Personal Brand voran.
Aber kauft überhaupt jemand bei mir, wenn ich alles kostenlos verrate?
Meine Steuererklärung mache ich nicht selbst. Dabei wäre es easy, mir das Wissen anzueignen. Aber allein die Recherche würde mich emotional schon fertig machen. Ich lasse meine Klamotten umnähen. Dabei ist Nähen schnell gelernt. Ich kaufe mein Brot beim Bäcker. Kenne aber auch Leute, die selbst mit Sauerteig hantieren und ihr eigenes Brot backen.
Fakt ist, wir wollen nicht alles selbst machen, nur weil wir es theoretisch könnten. Ist ja auch die Idee der Arbeitsteilung. Jede*r folgt den eigenen Talenten und versucht nicht, an allem allein herumzudoktern.
Deine Kund*innen (der Großteil!) wollen das auch nicht. Sie suchen eine Lösung für ihr Problem, nicht endlos viel Wissen drumherum. Sie wünschen sich eine tiefe Transformation, ob das jetzt eine harmonischere Partnerschaft oder die schicke neue Website ist. Dafür möchten sie nicht Psychologie studieren oder Programmieren lernen.
Warum sie dich trotzdem nicht buchen?
Das hat 2 Gründe:
1. Sie erkennen den Wert deines Angebots nicht. (Warum genau brauche ich das?)
2. Sie trauen dir nicht zu, dass du sie souverän von A nach B bringst.
Genau hier liegt das wichtigste Learning. Es kommt nicht darauf an, wie viel Content, sondern welchen Content du teilst. Du musst nicht pausenlos Tipps, Tricks und Anleitungen teilen. Eine kleine Dosis davon reicht.
Besser: Gewinne das Vertrauen deiner Community und baue Autorität auf. Vermittle, dass du weißt, wovon du sprichst. Gib deinen Followern ein Gefühl dafür, was sie bei dir erwartet. Dann verkauft dein Content.
So geht’s:
❋ Teile Kundenstimmen
❋ Gib Einblicke in deinen Arbeitsalltag
❋ Teile deine eigene Transformation (das muss keine dramatische Vom-Tellerwäscher-zum-Millionär-Geschichte sein, denke auch an die kleinen Schritte, die dich weitergebracht haben)
❋ Zeig mehr Persönlichkeit
❋ Erzähl, wie du XY von A nach B gebracht hast (so konkret und greifbar wie möglich)
❋ Erläutere, wie die Zusammenarbeit mit dir konkret aussieht – Was bekommen deine Kund*innen bei dir und was nicht?
❋ Transportiere deine Werte (Lehnst du Anfragen zum Beispiel auch mal ab und wenn ja, warum?)
❋ Skizziere die Vision, die du gemeinsam mit deinen Kund*innen Realität werden lässt – so lebendig wie möglich!
❋ Beantworte häufige Fragen (zum Beispiel in einem Live Q&A)
❋ Gib Kostproben deiner Arbeit (zum Beispiel ein kleines Live-Coaching)
Wenn du’s klug machst, steht dein kostenloser Content nicht in Konkurrenz mit deinen Angeboten. Er führt sanft dorthin.
Die größte Schattenseite: Du leistest Vorarbeit für deine Konkurrenz
Meine Haltung ist jetzt wohl einigermaßen klar. Lass Content fließen, hau raus!
Ein paar unerwünschte Nebenwirkungen hat das trotzdem. Die möchte ich dir nicht vorenthalten.
Nebenwirkung Nummer 1: Du bildest deine Konkurrenz aus. Das ist nicht weiter schlimm. Auch du hast deine Disziplin kaum neu erfunden und holst dir Impulse und Inspiration von anderswo.
Dazu können wir jetzt noch philosophisch werden. Gehört dein Wissen wirklich dir? Wo hast du es eigentlich her? Verfügen wir als Menschheit nicht über eine Schwarmintelligenz, in der jede*r kollektives Wissen neu begreift, um etwas ganz Eigenes daraus zu machen? Ich jedenfalls freue mich, wenn andere meine Ideen für sich nutzen – Konkurrenz hin oder her. Solange mich niemand klont, bin ich entspannt.
Nur neue Kund*innen bringt das natürlich nicht.
Nebenwirkung Nummer 2: Hier wird’s schon haariger. Copycats sind deine Superfans (im Katzenkostüm, haha). Sie helfen dir, deine Message weiterzuverbreiten – leider eben unter ihrem Namen, ups! Fortgeschrittene Copycats sind noch engagierter. Sie buchen sogar deine Angebote, nur um deine Materialien und Kursinhalte dann 1:1 für ihre Kund*innen zu verwenden.
Dein Content macht sich also auch dort nützlich, wo er nicht soll. So blöd das klingt, aber das gehört dazu.
In meiner Welt wird Karma es richten. Oder dein Anwalt. Oder eine empörte Community.
Geben zeigt Größe
Bleib lieber entspannt, wenn andere sich bei deinen Inhalten bedienen. Alles andere bringt schlechte Laune und Falten. Außerdem: Wo deine Gedanken hingehen, dorthin fließt auch deine Energie. Kümmere dich also lieber um deine Wunschkund*innen und die Vision, für die du angetreten bist. Da ist deine Energie sinnvoll angelegt!
Großzügigkeit ist ohnehin eine Qualität, die dir ganz viel zurückgibt. Nicht nur Umsatz und Kund*innen. Oder hast du dich jemals ärmer gefühlt, nachdem du andere unterstützt oder dein Wissen mit ihnen geteilt hast? Helfen macht Spaß. Menschen werden kooperativ geboren und teilen von Natur aus gern. Diese ganze Ellbogenkultur ist in meinen Augen anerzogen.
Großzügigkeit hat zudem eine Signalwirkung. Sie sagt etwas über dich als Menschen aus und prägt dein Image als Personal Brand. Wenn du großzügig teilst, strahlst du grenzenloses Selbstvertrauen in dich und deine Fähigkeiten aus. Du hast es nicht nötig, dein Wissen künstlich zu verknappen. Denn in dir steckt unendlich viel mehr.
Du stehst im Dienst einer Sache, ohne immer dich an erste Stelle zu setzen. Genau mit so einer Person würde ich arbeiten wollen. Eine, die echtes Interesse daran zeigt, mich ins Wachsen zu bringen.
Du wirst nicht ärmer, wenn du dein Wissen mit anderen teilst und dich auch ohne Gegenleistung nützlich machst. Wer teilt, gewinnt immer. Das Gefühl von Selbstwirksamkeit. Vertrauen. Eine loyale Community. Und früher oder später auch zahlende Kund*innen.
Wie viel Content soll ich teilen? Die 4 wichtigsten Learnings
❋ Mehr Content bringt mehr Charismapunkte, denn je öfter jemand deine Inhalte wahrnimmt, umso sympathischer und kompetenter kommst du rüber
❋ Auf die Art des Contents kommt es an. Deine Follower wollen kein tiefes Fachwissen, sie wollen Beweise dafür, dass du sie von A nach B bringen kannst – gib sie ihnen!
❋ Teile mehr Beiträge, die zeigen, wie wertvoll die Zusammenarbeit mit dir ist (= Content, der verkauft)
❋ Geben zeigt Größe und macht dich als Personal Brand noch anziehender
Falls dich der Artikel weitergebracht hat, freue ich mich, wenn du ihn auch mit deinem Netzwerk teilst. Danke!
Ein Kommentar
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Liebe Elise, vielen dank fürs Mitmachen, gerade ging die Zusammenfassung zur Blogparade raus https://www.valerie-wagner.de/sharing-ist-zaeh-die-zusammenfassung-der-blogparade-sharing-ist-caring/
Liebe Grüße
Valerie